Die neue Orgel für St. Nikolaus in Wien - Inzersdorf In der Festschrift zum Feierlichen Hochamt mit Orgelsegnung für den 20.11.2016 ist zu lesen:
„1945 wurde die Kirche von 2 Fliegerbomben getroffen und dabei das
Hauptwerk der Orgel zerstört. 71 Jahre nach Kriegsende und anlässlich
des 800-Jahr-Jubiläums der Pfarre ist es endlich gelungen, die Schäden
des Wahnsinns des vorigen Jahrhunderts aufzuarbeiten. Jetzt erklingt
die Orgel in der Inzersdorfer Pfarrkirche wieder in vollem Umfang“.
MMag. Konstantin Reymaier führte mich an einem noch winterlichen Tag im
März 2013 in die Pfarrkirche St. Nikolaus, um mich mit dem vor
Jahrzehnten gewaltsam entstandenen Vakuum auf der Orgelempore bekannt
zu machen. Es war für mich eine sehr interessante Aufgabe, diese
zwischen klassizistischen Pilastern und einem eher spätbarocken
Rückpositiv entstandene Lücke mit einer neuen Orgel organisch zu
schließen. Denn vorgegeben waren ja architektonische Stilrichtungen,
Proportionen und Raum-gliederungen mit eigenem Rhythmus. Dazu sollte
die neue Orgelgestalt die Gegenwart nicht verleugnen. Der
raumbeherrschende Fries in der Rotunde erhält Antwort in den kräftig,
horizontal sich bewegenden Turmabschlüssen, wie sie am historischen
Rückpositiv vorgezeichnet sind.
Soll die Orgel Wohlklang entwickeln, steht das Pfeifenwerk am besten in
Terzen nebeneinander, wie es in den Türmen der neuen Orgel zu sehen
ist. Eine andere wichtige und heikle Frage stellte sich in der fast
nicht zu bändigenden Halleigenschaft des Zentralbaus der Kirche mit
Steinfußboden und Kuppel. Um die Amplituden der Schallwellen klein zu
halten, musste mit dosierter Energie, also niedrigem Winddruck
gearbeitet werden, eine Herangehensweise, mit der auch der italienische
historische Orgelbau gekonnt umging. Damit war die Voraussetzung dafür
geschaffen, das gesamte Pfeifenwerk offen und gesund klingen zu lassen,
es innig ohne manipulierte Verengungen mit der Luftquelle des Balges zu
verbinden, damit es gemeinsam singen und atmen kann.
Die Orgel ist von innen heraus auf Wohlklang angelegt und handwerklich
mit natürlichen Materialien gebaut. Das gewässerte Eichenholz, das ja
auch das Material für das Innenleben der Orgel ist, also für die
Windladen, den Balg und die Mechanik, stammt vom Schönbuch, ein
Höhenzug bei Tübingen. Wir haben es im Wald gekauft, nach dem Wässern
für unsere Zwecke einschneiden lassen und viele Jahre getrocknet.
Aus Zinn- und Bleibarren haben wir in unserer Werkstatt die Platten für
die Metallpfeifen gegossen. Um den Pfeifen aus diesem relativ weichen
Metall eine gute Standfestigkeit zu verleihen, wurden der Legierung
Wismut, Kupfer und Antimon dazugegeben und darüber hinaus die
Pfeifenwandungen ausgedünnt. Das dient sowohl der Statik als auch dem
Klang.
Wir hoffen und wünschen, dass die neue Orgel die liturgische Feier
festlich gestalten hilft und auch bei manchem Konzert Erbauung und
Freude schenkt.
Johannes Rohlf
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