Johannes
Christian Rohlf wurde am 6. Oktober 1936 als sechstes von neun Kindern
in Bautzen geboren. In den Nachkriegsjahren war es für eine elfköpfige
Familie nicht leicht, und die Kinder konnten nur eine 8-jährige Schulausbildung
genießen, um dann schnell Geld zu verdienen. Die vier Brüder
wurden Bäcker, Kaufmann, Elektriker und Schmied, drei der vier Schwestern
wurden Verkäuferinnen in unterschiedlichen Fachgeschäften und
die Jüngste absolvierte eine Katechetik-Ausbildung.
Der
größte Wunsch Rohlfs wäre gewesen, Kirchenmusik zu studieren
- schon früh war seine musikalische Ader zu spüren und er bekam
Instrumentalunterricht in Harmonium, Mandoline, Klavier, Geige und Orgel
- doch an ein Studium war nicht zu denken. Auch er musste, wie alle seine
Geschwister, eine Ausbildung beginnen.
Johannes
Rohlf hatte das Glück, dass es in Bautzen eine Orgelbauwerkstatt gab,
und er sich so eine Lehre nicht allzu fern von seinem Wunsch erhoffen konnte.
Nach der Schulzeit fragte seine Mutter bei der „Orgelbauanstalt“ nach einer
Lehrstelle und nach einem Grundausbildungskurs in einer Schreinerei konnte
er bei Eule seine Orgelbaulehre beginnen.
Nachdem
Rohlf in drei Jahren alle Werkstätten der Firma, wie die Metallpfeifenbau-
oder Spieltischbauabteilung durchlaufen hatte, legte er die Gesellenprüfung
ab. Er erinnert sich, dass er damals eine Holzpfeife und ein Drosselventil
bauen musste, zusätzlich fand eine theoretische Prüfung statt.
Johannes Rohlf erhielt seinen Gesellenbrief mit Auszeichnung.
Nach fünf Jahren Berufserfahrung
hätte Rohlf die Meisterprüfung ablegen können, aber er fühlte
sich mit 22 Jahren noch zu jung für diesen Schritt. Er erhielt die
Möglichkeit zu einer führenden Orgelbaufirma nach Österreich
zu gehen. Mit mehreren kleinen Stimmungsaufträgen im Ostteil und einer
Kontaktadresse im Westteil wurde er nach Berlin geschickt. Peu à
peu brachte er seine Habseligkeiten nach getaner Arbeit über die Grenze
und blieb schließlich selbst dort.
Im
Mai 1960, nach knapp zwei Jahren Weiterbildung bei der Firma Rieger in
Österreich - die Wanderlust des Orgelbauergesellen war noch lange
nicht verflogen - zog es Rohlf eigentlich nach England, um Englisch zu
lernen. Dort fragte er bei einer Londoner Firma an. Wegen der vielen ins
Land strömenden Commonwealth-Bürger war die Arbeitslosigkeit
zu dieser Zeit jedoch sehr hoch, so dass für einen Deutschen keine
Möglichkeit bestand, dort zu arbeiten. Da sich Rohlf nun aber gen
Norden orientiert hatte, sah er sich dort um und konnte schließlich
bei der Firma Führer in Wilhelmshaven arbeiten. Der Betrieb hatte
viel Arbeit und nahm ihn sofort auf. Nach sieben Monaten schon zog es ihn
jedoch weiter.
Der
Wunsch, ins fremdsprachige Ausland zu gehen bestand immer noch. Und ein
alter Freund aus der Zeit in Bautzen, der Rohlf damals zu Rieger nach Österreich
gefolgt war, war von dort aus nach Paris gewechselt. Er versprach seinem
Freund Johannes Rohlf, sich um ein Zimmer zu kümmern und so folgte
Rohlf nun ihm im Januar 1961 nach Paris zu Gonzales. Nach Erfahrungen in
verhältnismäßig großen Werkstätten, war nun
dieser französische Betrieb mit nur etwa 14 Leuten besetzt. Hier erlebte
der Weitgereiste einen Arbeitszustand wie vor 100 Jahren, wie er selber
schildert. Zum Beispiel wurde dort in der Pfeifenwerkstatt nicht mit einem
strom- oder gasbetriebenen Lötkolben gearbeitet, sondern noch mit
Kohleschalen, in die die Lötkolben gelegt wurden.
Dies
endlich sollte seine letzte Station sein, bevor er sich entschloss, an
der Berufsschule in Ludwigsburg den Meisterkurs zu belegen. Das Schulgeld
blieb ihm erspart, da er durch die Auszeichnung bei der Gesellenprüfung
und die vielen Erfahrungen Begabtenförderung erhielt. Seinen Lebensunterhalt
bestritt er mit Angespartem aus der Zeit
in Frankreich.
Nach
einem viertel Jahr schloss Johannes Rohlf den theoretischen Kurs ab. Als
praktische Arbeit wurde der Bau einer kleinen Orgel innerhalb von zwei
Jahren gefordert. Dies jedoch musste selbst finanziert werden. Glücklicherweise
erhielt Rohlf das Angebot, sein Meisterstück für die österreichische
Firma Rieger zu bauen, bei der er einst gearbeitet hatte, die es für
ihn verkaufte. Möglich war das, da ein Schweizer Orgelbauerfreund
bei Rieger die Arbeit für ihn vorfinanzierte. Bevor er im Februar
1963 begann, das Meisterstück zu bauen, machte er eine Stimmtour quer
durch Österreich. Dort in den Hotelzimmern, so erzählt er, nahm
er die Schranktüren ab, spannte Zeichenpapier darauf und fertigte
die nötigen Zeichnungen für die Prüfungskommission an.
Im
Juli 1963 endlich war Rohlf Orgelbaumeister und es zog ihn in die Selbständigkeit.
Durch eine Anzeige in einer Zeitschrift der Handwerkskammer kam er an die
Werkstatt eines alten Schreiners in Ruit auf den Fildern. Dort meldete
er am 1. März 1964 das Gewerbe an. Die Wohnung gleich gegenüber
sollte für 25 Jahre sein neues zu Hause werden. Anfangs wohnte er
dort mit drei Orgelbauer-Freunden, denen er die Möglichkeit bot, in
der Werkstatt ihr Meisterstück zu bauen.
Einer
der ersten Aufträge war der Bau einer Hausorgel für seinen ehemaligen
Orgellehrer aus Bautzen, der inzwischen in Freiburg wohnte und später
Professor für Musikwissenschaft in Erlangen war.
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Schon früh wurde es
in der Werkstatt Rohlf zur Tradition, wenn es die Größe der
Orgel zuließ, vor der Lieferung zu einem Werkstattkonzert einzuladen.
Gleich nach Fertigstellung des Opus 1 für die evangelische Kirche
Bergneustadt-Wiedenest 1964 fand das erste Werkstattkonzert statt. Als
Organist konnte Rohlf Peter Alexander Stadtmüller, damals Organist
an St. Elisabeth in Stuttgart, später Orgelprofessor in Mainz, gewinnen.
Da das Instrument kein Pedal hatte, wollte Rohlf gerne noch ein weiteres
Instrument dabei haben. Stadtmüller brachte also eine junge Studentin
der Musikhochschule Stuttgart mit, die auf der Querflöte mitkonzertierte,
Elisabeth Lieder. 1966 heiratete sie Johannes Rohlf und ist seit dem nicht
mehr aus dem Betrieb wegzudenken. 1968 kam die erste Tochter zur Welt,
ich, Anja und 1971 folgte die zweite Tochter, meine Schwester Stella. Nachdem
ich 1989/90 im väterlichen Betrieb gearbeitet habe, bin ich seither
immer wieder in unterschiedlichen Bereichen für meinen Vater tätig.
Meine Schwester leiht bereits seit Jahren ihre Begabung im Kalligraphischen
und schreibt für die Orgeln die Registerschilder. |
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In der Werkstatt in der
Kemnaterstraße 10 in Ostfildern-Ruit hatte Johannes Rohlf in der
Anfangszeit ein bis zwei Angestellte. Über die Jahre wuchs die Mannschaft,
so dass durchschnittlich fünf bis sechs Leute beschäftigt waren.
Treuester Mitarbeiter, Manfred Zeller, ist bereits seit 1969 im Team. Andere
kamen als junge Auszubildende oder gelernte Orgelbauer, blieben nur kurze
Zeit oder sind bis zum heutigen Tage mit dabei. Neben Manfred Zeller gehört
bereits seit langem zum harten Kern Mathias Jung, der 1980 seine Ausbildung in der Werkstatt begonnen hatte.
Zu
Beginn reichten die Räumlichkeiten in Ruit für die Ausführung
der Aufträge aus. Als 1974 jedoch der Bau einer Orgel mit erhöhtem
Mittelturm anstand, war klar, die Werkstatt ist zu niedrig. Rohlf half
sich aus, indem im oberen Geschoss ein Loch in die Decke zum Dachboden
hin gesägt wurde. Anfang der 1980er reichte jedoch auch diese Höhe
nicht mehr aus, so dass das Team kühnerweise an einem sonnigen, trockenen
Tag ein Instrument im Hof zusammenbaute. Alles passte aufeinander und so
konnten die technischen Teile in der Werkstatt fertiggestellt werden. Später
wurde das Loch in der Decke noch vergrößert. Diese Erlebnisse
gaben Rohlf schließlich den Anstoß, über den Kauf einer
eigenen und größeren Werkstatt nachzudenken.
Die
absehbare Zukunft war zu dieser Zeit durch mehrere Aufträge gesichert,
und so konnte es Rohlf 1983 wagen, sich auf die Suche nach einem passenden
Ort zu machen, um seine eigene Werkstatt zu bauen. Diese war im Januar
1986 bezugsbereit und der Betrieb siedelte mit vier Mitarbeitern nach Neubulach-Seitzental
um.
Dort
konnte die Firma Rohlf ihren hart erarbeiteten, inzwischen ausgezeichneten
Ruf durch einige wichtige Orgelbauten bestätigen. Eine gesicherte
Auftragslage in den 1990ern, die wiederum noch größere Instrumente
beinhaltete, veranlasste Rohlf zum Ausbau der Werkstatt mit einer großen
Montagehalle, die im Juni 1999 mit einem neuen Instrument eingeweiht wurde.
Diese Montagehalle bietet eine Höhe von acht Metern und ist sogar
partiell noch um zwei weitere Meter erhöhbar. Ebenfalls 1999 schaffte
die Firma Rohlf eine CAD-Einrichtung an, mit der Konstruktionszeichnungen
am Computer gefertigt werden. Eine weitere Neuerung war die Möglichkeit,
durch Fotomontagen Prospektentwürfe zu erstellen, die den Anschein
erwecken, die Orgel stünde bereits fertig im Kirchenraum - eine hervorragende
Methode, den Kunden einen ersten, visuellen Eindruck ihrer neuen Orgel
zu vermitteln.
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