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Festschrift
Timmendorfer Strand zur Einweihung am 14. Juni 1998, herausgegeben
von der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Timmendorfer Strand.
Die neue Orgel für die Ev.-Luth. Waldkirche
Die neue Orgel ist klanglich
höchst ökonomisch angelegt. Die Disposition enthält
wichtige Grund- und Plenumregister wie die Principale von der 8-fuß
Lage bis zur Mixtur und die Baßregister in der 16´, 8´
und 4´ Lage als tragendes Klanggerüst, Flötenstimmen wie
Rohrflöte 8´, Gedackt 8´ und Rohrflöte 4´ für
Begleitung und Solospiel, Farbregister wie Nasard 2 2/3´, Flageolett
2´ und Terz 1 3/5´ für wichtige Registrierungen in der
Orgelliteratur des 16. bis 20. Jahrhunderts als auch zwei Zungenregister
mit Aufgaben für Plenum - Farb- oder Soloregistrierungen, eine Trompete
8´ im Pedal und ein Dulcian 8´ im Manual. Um bei der relativ
geringen Registerzahl den Umgang mit den beiden Manualen zu erleichtern,
wurde für die beiden 4 - fuß Register, ein Principal (Octave
4´) und eine Flöte (Rohrflöte 4´), eine Technik eingerichtet,
welche das wahlweise Austauschen dieser beiden Register zwischen den Manualen
erlaubt (Wechselschleife). Die Orgel ist mit dieser Disposition maßgeschneidert
für den Raum der Waldkirche.
Die Zahl und Art der eingebauten Register (siehe Disposition), die räumlichen Maße am Aufstellungsort und die Innenarchitektur der Waldkirche, sind die formgebenden Faktoren für die Gestaltung des Orgelgehäuses. Die relativ geringe Höhe des Raums über der Empore und die zeltartige Holzdecke führten fast zwangsläufig zu einem flächigen Prospekt, wie wir ihn z.B. von den G. Silbermann - Orgeln in Frankenstein und Schloß Burgk kennen. Im sichtbaren Orgelprospekt befindet sich Pfeifenwerk des Principal 8´ (F - cis´) und der Oktave 4´ (C - A). Alle weiteren Manualregister stehen hinter den Prospektpfeifen, in Terztürmen geordnet. Ein Stimmgang trennt das Manual- vom Pedalgehäuse. Balg und Windmaschine sind hinter der Orgel aufgestellt. Das Orgelgehäuse ist mit massiven Rahmen und Füllungen gebaut. Von den in Stufen angelegten Friesen über den Pfeifenenden sind vergoldete Leisten wellenförmig abgespalten. Wie die Windladen, der Balg und viele Mechanikteile, ist auch das Gehäuse von gewässertem Eichenholz gemacht, Eichenholz vom „Schönbuch“, einem Waldgebiet zwischen Tübingen und Herrenberg. Die äußere Oberfläche des Gehäuses ist mit der Hand verputzt. Das Eisen des Putzhobels bringt durch die sehr scharf geschnittenen Hobelspäne die Holzstruktur unverfälscht an die Oberfläche und hinterläßt zugleich durch seine feine Wölbung eine leichte Struktur, welche besonders bei seitlichem Lichteinfall allen Flächen eine eigene Lebendigkeit verleiht. Die neue Orgel für die Waldkirche soll ihre Aufgaben in Gottesdienst und Kirchenkonzert erfüllen, zum Singen einstimmen, den Gesang der Gemeinde begleiten und darüber hinaus soll auf ihr ein großer Teil der abendländischen Orgelliteratur dargestellt werden .Eine sensibel funktionierende Tastenmechanik und gesund sprechendes Pfeifenwerk sind Voraussetzung dafür, die Artikulationskunst des Orgelspielers in feinsten Nuancen hörbar zu machen. Wir sind uns dessen bewußt,
daß unser aller Gehör ein höchst leistungsfähiges
Organ und in seiner Wahrnehmung beispielsweise dem Auge weit überlegen
ist. Deshalb ist es eine lohnende Mühe, alle am Orgelklang beteiligten
Komponenten ohne Unterschied in die Klangplanung einzubeziehen:
Im Namen meiner sechs Mitarbeiter, Manfred Zeller, Peter Eckert, Friedemann Seitz, Tobias Merkle, Tudor Roberts, Markus Eßer, der während der Bauzeit dieser Orgel Mathias Jung vertrat, welcher sich im Meisterkurs befindet, und meiner Frau möchte ich der Ev. - Luth. Kirchengemeinde Timmendorfer Strand für das uns entgegengebrachte Vertrauen danken, und wir wünschen viel Freude an der neuen Orgel. Aufschnitt Öffnung oder Mund zwischen Ober- und Unterlabium der Orgelpfeife. Drosselklappe Ventil zwischen Windmaschine und Balg, welches über die Stellung der oberen Balgplatte die Windzufuhr Reguliert. Bei vollständig mit Wind gefülltem Balg ist das Drosselventil oder die Drosselklappe geschlossen. Keilbalg Lunge der Orgel als sich einseitig öffnender Balg mit meist einer Falte zwischen zwei Platten. Die Falte ist an der Längsseite des Balges aus keilförmigen Brettern gemacht, an der Stirnseite sind es parallele Bretter, welche mittels Schafsleder untereinander und mit den Balgplatten verbunden sind. Kern Wie die Blockflöte den Block, so besitzt die Holzpfeife den Kern von Holz und die Metallpfeife eine Metallplatte als Kern, jeweils als unteren Abschluß des Pfeifenkörpers. Kernspalte Spalt zwischen Kern und Unterlabium an der „Labialpfeife“, welcher den Luftstrom, den Wind, zielgerichtet zum Oberlabium lenkt. Klaviatur Tastenreihe, für die Hände Manual - und für die Füße Pedalklaviatur genannt. Labialpfeife Orgelpfeife, bei welcher der Ton über ein, zwischen Unter- und Oberlabium, schwingendes Luft- bzw. Windband erzeugt wird. Luftsäule Im Pfeifenkörper eingeschlossene Luft. Materialresonanz Durch Luftschwingung angeregtes und mitschwingendes Holz, Zinn oder Blei. Oberlabium Die obere Abgrenzung des Aufschnitts, welche bei der, im Querschnitt runden, Metallpfeife zu einer Fläche gestaltet ist. Orgelprospekt Die sichtbare Frontseite einer Orgel, das Orgelgesicht. Pfeifenkörper Langgestreckter Hohlraum, aus Holz mit quadratischem oder rechteckigem Querschnitt, aus Metall mit rundem Querschnitt, dessen Form die Klangfarbe und dessen Länge die Tonhöhe einer Orgelpfeife bestimmt. Prospekt siehe Orgelprospekt Prospektpfeifen Im Orgelprospekt sichtbare Pfeifen, welche in der Regel besonders schmuck gemacht sind. Register Pfeifenreihe gleicher Bauart und Klangfarbe, von z.B. groß C bis g³, je nach Klaviaturumfang. Ein Register ist vergleichbar mit einem Musikinstrument. Es besitzt je Taste eine Orgelpfeife. Hätte eine Orgel 2 Register, fielen auf jede Taste zwei Pfeifen. Registerschleife Ventil zum Ein- bzw. Abschalten eines Registers. Die Registerschleife, eine lange Holzleiste mit ebensoviel Bohrungen, wie das Register Pfeifen hat, ist auf mechanischem Weg mit dem Registerzug, dem Registerknopf verbunden. Beim Ziehen oder Abstoßen des Registers schleift diese Leiste zwischen Windlade und Pfeifenstock (letzterer trägt die Pfeifen), woher sie und dieses Funktionsprinzip überhaupt ihren Namen bekam: „Schleifladenorgel“. Schallfeld Resonanz des Luftraumes, welcher die klingende Pfeife umgibt, vergleichbar mit den Ringen auf der Wasseroberfläche nach einem Steinwurf. Schneidenton Eine in der Tonhöhe definierbare Resonanz des Windbandes, welches zwischen Kernspalte und Oberlabium, also im Aufschnitt schwingt und in der Folge die Luftsäule im Pfeifenkörper erregt. Terzaufstellung Die Pfeifen eines Register werden in einer bestimmten Abfolge auf der Windlade angeordnet. In einer kleinen Orgel, dem Positiv oder der Truhenorgel stehen die Pfeifen aus bautechnischen Gründen chromatisch, also halbtonweise nebeneinander. Das Pfeifenwerk kann geteilt werden, wie der Orgelbauer sagt, in C- und Cis-Seite. Dann stehen die Pfeifen in Ganztönen nebeneinander (C, D, E, Fis, Gis, B). Akustisch noch günstiger ist eine weitere Teilung dieser Seiten, wodurch die Pfeifen dann in großen Terzen nebeneinander stehen (C, E, Gis und D, Fis, B). Tonkanzelle Windraum zwischen Tonventil und Registerschleife, welcher für den jeweiligen Ton alle Register miteinander verbindet. Tonventil Ventil in der Windlade, welches auf mechanischem Weg mit der Taste verbunden ist. Die Taste ist das verlängerte Tonventil. Die Bewegung von Taste und Tonventil sind stets identisch. Unterlabium Labium am Pfeifenfuß, bei der im Querschnitt runden Metallpfeife zu einer Fläche gestaltet, welche als Gegenüber zum Kern die Kernspalte bildet. Wellenbrett Eine bereits im 13. Jahrhundert erfundene, mechanische Einrichtung zur Vergrößerung der Klaviaturteilung, der schmalen Klaviaturmaße auf die ganze Orgelbreite. Meistens ist es ein trapezförmiges Brett, welches Mechanikwellen, Holz- oder Metallstäbe mit jeweils zwei Ärmchen, trägt. Ein Ärmchen ist mit dem Tonventil verbunden, das zweite mit der Taste. Wind Im mit Steinen belasteten Balg verdichtete Luft zur Versorgung der Orgelpfeifen. Windkanal Im Querschnitt quadratische oder rechteckige, hölzerne Verbindung zwischen Balg und Windlade zur Übertragung der Luftverdichtung. Windkasten Teil der Windlade, welcher die Tonventile beherbergt und in welchem der vom Balg kommende Windkanal mündet. Windlade Herz und Funktionszentrum der Orgel. Die Windlade trägt die Orgelpfeifen, zur Windlade hin wird der Wind des Balges geleitet, in der Windlade befinden sich die vom Organisten gesteuerten Ton- und Registerventile. Zungenpfeife Orgelpfeife, bei welcher der Ton durch eine Messingzunge erzeugt wird. Funktionstechnisch gibt es in der Orgel zwei Arten der Tonerzeugung, die der oben beschriebenen Labialpfeife mit tonerzeugendem Schneidenton und die der Lingual - oder Zungenpfeife mit tonerzeugender Messingzunge. Bei der traditionellen Zungenpfeife schlägt die aufgeworfene Zunge auf eine fest stehende Kehle (Tonerzeugung der Klarinette). Der Ton der Zunge erregt die Luftsäule im Schallbecher. Johannes Rohlf
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