Themen in der Werkstatt ROHLF
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Festschrift Obernburg zur Einweihung am 13. Juni 2003, herausgegeben vom Evang. Pfarramt Obernburg.

Bau und Klang der neuen Orgel für die Friedenskirche Druckversion 53 kB

Gut Ding will Weile haben“. - Und da die Friedenskirche ein kleines Orgelinstrument besaß, war die Voraussetzung gegeben, in aller Ruhe die Vorstellungen der Gemeinde und Kirchenmusiker mit den finanziellen und räumlichen Möglichkeiten genau abzustimmen. Im Januar 1992 gab es einen ersten Ausschreibungstext zum Bau einer neuen Orgel, und im November 2002 wurde zusammen mit dem Orgelausschuss der Kirchengemeinde, im Beisein des Organisten, Herrn Rudolf Sosnowsky, des Orgelsachverständigen der Evang.-Luth. Kirche in Bayern, Herrn Reinhold Morath und Orgelbaumeisters Mathias Jung das endgültige Bau- und Klangkonzept festgelegt.
In dieser Zeit wurde aus einem einmanualigen Instrument mit 4-fuß Prospekt eine 8-füßige Orgel mit zwei Manualen, trotz einer bemessenen Registerzahl sogar mit einer 16-fuß Basis für das Hauptwerk . 
Die Orgel in Obernburg
Mit nur zehn klingenden Registern wurde hier eine Disposition, ein Klangkonzept entworfen, das sowohl der Liturgie und dem Konzert als ebenso der Ausbildung junger Organisten wichtige, gebräuchliche und auch charakteristische Klänge und Klangmischungen bietet.
Der relativ kleine Kirchenraum erfordert keine große Dezibelzahl der Lautstärke. Erwünscht ist trotzdem eine Variationsbreite der Klangfarben.
In der Disposition fällt auf, dass weder gemischte Stimmen (Mixtur, Cymbel) noch Zungenregister (Trompete, Fagott) vertreten sind. Diese „Kraftregister“ sind wegen der relativ geringen Ausdehnung des Kirchenraums sehr gut verzichtbar. Auch ohne sie kann ein Forteklang erreicht werden. Und darüberhinaus ist es anregend und Kreativität weckend, über reduzierte Gestaltungsmittel unterschiedlichste Klänge zu produzieren. Jede der zehn Stimmen oder Register hat eine ausgeprägte Funktion im Zusammenspiel und als Einzelstimme.
Bordun 16´ ist Bassregister und Grundstimme im Hauptwerk.
Suavial 8´ ist ein milder Principal, solofähig und Rückgrad im Plenum.
Quintade 8´ bringt viel Farbe und Kraft für´s Solo und in Mischungen als Gegenüber zu Nasard und Terz im Nebenwerk.
Principal 4´ ist wichtige Principalstimme im Plenum, in Mischungen und allein, wie
Octave 2´, welche dazu auch Glanz bringt und Klangkrone ist. 
Rohrflöte 8´ ist hier nicht zu sehr solistisch, da sie auch begleiten muss.
Flöte 4´ von Holz darf flöten, wie sie nur kann.
Doublette 2´ ist das milde und flötende Gegenüber zur Octave 2´.
Nasard 2 2/3´ und Terz 1 3/5´ sind Farbregister in vielen Mischungen und im Plenum.

Die äußere Gestalt der Orgel folgt ohne Schnörkel der schlichten, materialbetonten Architektur des Kirchenraums. Wie am Prospekt sichtbar, ist das Pfeifenwerk sowohl des Haupt- als auch des Nebenwerks akustisch günstig in Terzen aufgestellt. Die Steuerung der Pfeifenventile durch die Tasten und Registerzüge erfolgt auf mechanischem Wege und ist dadurch sensibel und dauerhaft.
Die Orgelbaugeschichte der mechanischen Schleifladenorgel brachte bezaubernde Beispiele hervor, die im klanglichen und technischen Ergebnis in unseren Tagen nur mit dem Einsatz aller Sinne und Fertigkeiten annähernd erreicht werden können. Dieses gewachsene Wissen unserer „Väter“ war Vorbild beim Bau der neuen Orgel. Deshalb bekam Sie auch eine richtige Lunge, einen Keilbalg, welcher für die Güte des von der Windmaschine erzeugten Windes sorgt. Baumaterial war im Wesentlichen gewässerte Eiche vom Schönbuch für das Gehäuse und die Technik und Zinn und Blei mit Zutaten für die Metallpfeifen. Die Metallpfeifen haben ausgedünnte Wandungen und alle Kerne, auch die der Zinnpfeifen, sind von Blei.
Die Orgelbaumeister und Orgelbauer (chronologisch nach Mitarbeit bei Johannes Rohlf) Manfred Zeller, Peter Eckert, Mathias Jung, Tudor Roberts, Friedemann Seitz, Tobias Merkle, Mathias Mebold, Sebald Endner und Thomas Dehmel benötigten für den Bau der Orgel etwa 2.850 Arbeitsstunden.
Die Werkstatt Rohlf ist der Evang. Kirchengemeinde Obernburg sehr verbunden und dankbar für das geschenkte Vertrauen und wünscht der neuen Orgel in der Friedenskirche ein lebendiges Zuhause.

Johannes Rohlf

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