Die neue Orgel für die Evangelische Kirche
...hat 16 Register aus 13
Pfeifenreihen.
Ein Orgelregister ist eine
Pfeifenreihe, welche für jede Taste einer Klaviatur - eine der Manualklaviaturen
oder der Pedalklaviatur - einen Pfeifenton bereithält. Im Manual hat
ein Register in der Regel 56 (C - g³), im Pedal 30 (C - f´)
Pfeifen.
Eine Orgel kann ein Register
haben und ist dann z.B. ein Positiv, das zum Begleiten von Sängern
oder Instrumenten benutzt wird, zehn oder auch hundert Register. Das ist
möglich, weil der Orgelspieler technische Hilfen zum Betreiben der
vielen Orgelpfeifen einsetzt: künstlich erzeugte Luft - in der Fachsprache
Wind - eine Mechanik zum Steuern von Ventilen - Traktur und Registermechanik
- und ein ausgeklügeltes Windführungssystem - Windlade -. So
kann ein einziger Orgelspieler Instrumente mit gigantischen Ausmaßen
erklingen lassen. Jede gedachte Orgelgröße ist realisierbar.
Die Bauart der Register unterscheidet
sich um so mehr, je größer eine Orgel ist. Dennoch kann eine
große Orgel niemals die kleinere ersetzen und umgekehrt. Jede Pfeifenreihe
nimmt nämlich der benachbarten Resonanz- und Ausspracheraum und vergrößert
die Entfernung zwischen der Schallquelle und dem Hörer. Ein einzelnes
Register, frei im Raum aufgestellt, erzeugt prächtigeren Klang, als
wenn es zwischen vielen anderen Pfeifenreihen aufgestellt ist. Eine nicht
klingende Pfeifenreihe wirkt auf die klingende wie ein „Schallabsorber“,
eine klingende entzieht der anderen Wind (Energie). Das ist der Grund,
weshalb Orgeln mit geringer Registerzahl erstaunliche Präsenz und
Klangfülle entwickeln können.
Ökonomie bei der Registerzahl
lohnt sich also. Wie auch sonst in der Kunst verstärkt Sparsamkeit,
in unserem Falle beim Gestaltungsmittel Orgelregister, die Aussagekraft
des Instruments. Es ist also kein Nachteil
für ein Orgelkonzept, wenn zu Gunsten der Innenarchitektur die Registerzahl
und so die Ausmaße der Orgel angemessen dosiert werden. Beim Planen einer neuen Orgel
steht am Anfang aller Überlegung der Raum. In dreifacher Weise bestimmt
er das Orgelkonzept: Durch seine Maße, seine akustische Eigenart
und durch seine Innenarchitektur.
Für die Evang Kirche
in Dürrn war es zunächst ein gemeinsames Anliegen, ein kompaktes
Instrument zu bauen, das möglichst geringer Grundfläche bedarf,
aber die ganze Raumhöhe nutzt. So war im Orgelprospekt der Bau eines
offenen 8-fuß-Registers möglich. Damit ist dann auch die Höhe
vorhanden, das gedeckte 16-fuß-Register, das ja auch 8-Fuß-Länge
besitzt, in das gleiche Gehäuse zu stellen. So stehen die beiden Manualwerke
und das Pedal im selben Gehäuse, auf gemeinsamer Windlade und auf
gleicher räumlicher Höhe. Das hat den Vorteil, dass unterschiedliche
Raumtemperaturen im Höhenmaß der geheizten Kirche die Orgelstimmung
nicht zu stark beeinflussen.
Mit dem Fortschreiten der
Instrumentenbaugeschichte werden immer wieder neue Ufer erreicht, welche
beispielsweise die Eindeutigkeit eines Instrumententyps klarer darstellen
und dem Orgelspieler auch angemesseneres Bedienen des Instruments ermöglichen.
Interessanterweise wird zugleich der Blick in die Vergangenheit immer schärfer
und man kann besser verstehen, wie die Orgelliteratur jüngeren und
älteren Datums mit dem spezifischen Orgelkonzept zusammengehört.
Daraus erwächst eine begründete Orientierung. Ohne ängstlich
altvertrautes buchstabengetreu wiederholen zu müssen, kann man bewährte
Wege beschreiten und dennoch jedem Instrument seinen eigenen Charakter
angedeihen lassen.
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Aus diesem Geist heraus ist auch die neue Orgel für
die Evang. Kirche in Dürrn entstanden. Mit ihren 13 Pfeifenreihen
ist sie keine große Orgel. Dennoch hat sie Ausmaße einer mittleren
Kirchenorgel, weil das Hauptregister, das in der Front steht, im „Prospekt“,
ein Prinzipal 8’ ist (genannt Suavial), d.h. die größte Pfeife
des Registers (groß C) ist acht Fuß lang (8 x 30 cm gleich
2,40 m). Dieses Register bestimmte die Ausmaße des Gehäuses
mit, in welchem weitere Principalregister des „Hauptwerks“ stehen, einschließlich
einer Mixtur (die pro Ton zwei bis drei Pfeifen in Quintabstand besitzt),
ein Gedackt 8’ von Eichenholz und dazu der Bordun 16’.
Stehen Pfeifen zweier unterschiedlicher
Werke, wie in unserem Fall vom Hauptwerk und vom Pedal, in demselben Gehäuse,
auf einer gemeinsamen Windlade, beherbergt letztere auch die Ventile beider
Werke. Damit ist eine Voraussetzung dafür gegeben, die Register des
Hauptwerks ohne den Einsatz der Pedalkoppel (also mittels Transmission)
auch im Pedal frei verfügbar zu haben.
Auch die Register des zweiten
Manuals stehen auf der gemeinsamen Windlade. Neben den Grundstimmen, Rohrflöte
8’ und Blockflöte 4’ sind es vor allem Farbregister. Die Quint, Terz
und Hohlflöte, und dazu eine Trompete 8´. Ein Kanaltremulant
erzeugt über eine schwingende Klappe im Windkanal einen Tremoloeffekt.
So ist dieses Instrument
sehr ökonomisch ausgestattet. Jede einzelne Stimme wird dringend im
Ensemble benötigt und die meisten sind auch solofähig. Wir schenkten
jedem einzelnen Register beim Bauen und Intonieren ungeteilte Zuwendung,
damit es so klingt, dass man es immer wieder hören mag und jede Pfeife
das sagt, was sie sagen möchte.
Voraussetzung für eine
optimale Klanggestaltung ist auch eine sensibel reagierende Tastenmechanik,
welche dem Spieler unter anderem den genauen Zeitpunkt der Ventilöffnung
vermittelt.
Für die Herstellung
aller Einzelteile der neuen Orgel wurden ausschließlich natürliche
Materialien verwendet wie: Eichenholz aus dem Schönbuch für das
Gehäuse, die Windladen, die Mechanik und den Balg, Fichtenholz für
die Manualtasten und die Abstrakten, Buchsbaum und Ebenholz für die
Manualtastenbeläge, Schafsleder für den Balg und für Ventildichtungen,
Zinn und Blei für die Pfeifen und verschiedene Halbzeuge wie Draht
und Schrauben von Messing, Vierkant-Eisenrohr für Mechanikwellen,
Ledermuttern, Tuche, Filze und manches andere. Sie wurde, mit Ausnahme
des Glockenspiels, in allen Teilen in unserer Seitzentaler Werkstatt in
etwa 3.700 Arbeitsstunden gebaut.
Manfred Zeller machte das
Herzstück der Orgel, welches alle Funktionen bündelt, die Windladen
(auf denen die Orgelpfeifen stehen, auch die sichtbaren Pfeifen im Prospekt.
Zu den Windladen hin wird der Wind aus dem Balg geleitet, wird die Tastenmechanik
geführt und auch die Registermechanik). Er baute auch die Registermechanik.
Hans-Peter Eckert schuf die Voraussetzung für einen gesunden, ansprechenden
Klang, das Pfeifenwerk. Mathias Jung gab allen Wünschen und Ideen
Maß und Zahl, indem er die Bauzeichnungen fertigte, beteiligte sich
aber auch am Bau der Pfeifen, z.B. durch die Herstellung der „Kehlen“ für
die Zungenstimmen.
Friedemann Seitz wendete
alle handwerkliche Kunst an die einladenden Manualtasten und die unsichtbare
Koppelmechanik und Traktur und führte, zusammen mit Johannes Rohlf,
die Intonationsarbeiten durch. Tudor Roberts sorgte mit dem Bau der Windanlage,
also dem Balg (dem Ventilatoranschluss und den Windkanälen zur Orgel),
für die Seele der Orgel.
Auch das einzige Register
von Holz, Gedackt 8’, stammt aus seiner Hand. Die Arbeit unseres Tobias
Merkle erfreut in besonderem Maße das Auge. Er baute das Orgelgehäuse
in allen Teilen, aber auch die Schallbecher der Zungenstimmen. Mathias
Mebold und Marcel Frank arbeiteten vor allem an der Traktur (der Tastenmechanik).
Elisabeth und Johannes Rohlf hielten den Kontakt zur Außenwelt, planten
die Arbeit und verwalteten die Werkstatt.
Johannes Rohlf
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