Ubhaus-Orgel von 1817 in Bobenthal, St. Michael
Welche historische
Orgel darf schon über viele Generationen mit ihrer ursprünglich vom
Erbauer kreierten Stimme bis in unsere Gegenwart hinein
erklingen? Es ist viel eher üblich, dass jede neue
Generation ihre eigene Vorstellung an eine Orgel heranträgt, so dass
die Begegnung mit einer unveränderten historischen Orgel nur sehr
selten gegeben ist.
Auch Ihre Orgel von Wendelin Ubhaus war im Jahr 1879 einer großen
Gefahr ausgesetzt, als Ihre St. Michaelskirche durch den Bau einer
neuen Westfassade mit einem neuen Turm eine Umgestaltung erfuhr.
Aus heutiger Sicht können wir sagen, dass glücklicherweise für ein
gewünschtes neues Instrument die Mittel nicht ausreichten und die
Entscheidung getroffen wurde, die Orgel von 1817 in der erneuerten
Kirche durch Orgelbauer Schlimbach aus Speyer wieder aufbauen zu
lassen.
Die Offenheit in unseren Tagen zu historischer Aufführungspraxis
eröffnet uns den Zugang zu vergessenen Kompositionen und
Musikinstrumenten und so auch zu historischen Orgeln, die oft einen
unvergleichlichen Charme besitzen. Dafür muss man aber ein Auge haben
und ein waches Verständnis, um diese Rarität richtig einzuordnen. Das
ist der Weg, um einen Schatz aus der Verborgenheit zu heben und um in
Vergessenheit geratene Klänge zurückzugewinnen.
In Bobenthal stand David Keller in der ersten Reihe derjenigen, die
dieses Kleinod der Ubhaus-Orgel erkannten und der sich ihr verschrieben
hat. Er fand in Domorganist Christoph Keggenhoff von Speyer einen
wichtigen Mitstreiter für dieses Restaurierungsprojekt. Auch wir
Orgelbauer gerieten in den Bann dieses Instruments und haben keine Mühe
gescheut, sein ursprüngliches Erscheinungsbild wieder herzustellen.
Die Besonderheit
dieser Orgel aus dem Jahr 1817 ist in ihrem Konzept zu
finden, das ganz der Aufgabe zur klanglichen Mitgestaltung
einer feierlichen Messe gewidmet ist.
Dafür wird ein gesundes Grundregister benötigt, das zusammen mit
dem Principal und dem Octavbass den Gemeindegesang begleiten
kann. Für Sologesänge des Priesters oder
Kantors während der Mess-Feier werden unterschiedliche Register
benötigt, die mit stillerem Klang auch den Hintergrund von Gebeten
unterlegen können. Für diese Aufgaben bietet die Orgel
mehrere Flöten- und Streicher-Stimmen.
Für den feierlichen Ein- und Auszug hält die Orgel zwei zusätzliche
kräftige Register bereit, eine 4-fache Mixtur mit einem Terzchor im
Manual und eine originale Trompete im Pedal, welche dem Klang Kraft und
Fülle verleihen.
Herr Christoph Keggenhoff wird nachher mit 9 Partiten nach dem
beliebten Choral „Was Gott tut das ist wohlgetan“ von Johann Pachelbel
(1653 - 1706) die sehr differenzierten Klangfarben der 12
unterschiedlichen Orgelregister vorstellen.
Im August 2014 führte Herr Christoph Keggenhoff als
Orgelsachverständiger der Diözese Speyer eine Bestandsaufnahme
der Ubhaus-Orgel durch, welche die Grundlage für die
Wiederherstellung des Instruments darstellte. An der handwerklichen
Ausführung dieses Orgelbaus durch Ubhaus wird deutlich, dass Ubhaus
sich nicht in unwesentlichen Details verloren hat, dass er das
Notwendige solid aber ohne Umwege und Pedanterie verwirklichte.
Stellagen und Halterungen für die Orgelteile ganz einfach gezimmert,
nimmt die Feinheit der Arbeit zu, je weiter sie sich dem Pfeifenwerk
nähert.
Die Windladen, die Registermechanik, die Tastenmechanik und das
Pfeifenwerk wurden sorgfältig in der Werkstatt wiederhergestellt, wobei
die originale Substanz von Ubhaus aufmerksam geschont wurde.
Es war eine sehr interessante Aufgabe für unsere Werkstatt, und wir
hoffen und wünschen, dass die wiederbelebte Orgel die liturgische Feier
festlich gestalten hilft, das Gebet hörbar bekräftigt und auch bei
manchem Konzert Erbauung und Freude schenkt.
Johannes Rohlf
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