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Text Bobenthal zur Einweihung am 25. März 2017

BobenthalUbhaus-Orgel von 1817 in Bobenthal, St. Michael  Druckversion 38 kB
                                                                                                    
Welche historische Orgel darf schon über viele Generationen mit ihrer ursprünglich vom Erbauer kreierten Stimme bis in unsere Gegenwart hinein erklingen?    Es ist viel eher üblich, dass jede neue Generation ihre eigene Vorstellung an eine Orgel heranträgt, so dass die Begegnung mit einer unveränderten historischen Orgel nur sehr selten gegeben ist.

Auch Ihre Orgel von Wendelin Ubhaus war im Jahr 1879 einer großen Gefahr ausgesetzt, als Ihre St. Michaelskirche durch den Bau einer neuen Westfassade mit einem neuen Turm eine Umgestaltung erfuhr.
Aus heutiger Sicht können wir sagen, dass glücklicherweise für ein gewünschtes neues Instrument die Mittel nicht ausreichten und die Entscheidung getroffen wurde, die Orgel von 1817 in der erneuerten Kirche durch Orgelbauer Schlimbach aus Speyer wieder aufbauen zu lassen.

Die Offenheit in unseren Tagen zu historischer Aufführungspraxis eröffnet uns den Zugang zu vergessenen Kompositionen und Musikinstrumenten und so auch zu historischen Orgeln, die oft einen unvergleichlichen Charme besitzen. Dafür muss man aber ein Auge haben und ein waches Verständnis, um diese Rarität richtig einzuordnen. Das ist der Weg, um einen Schatz aus der Verborgenheit zu heben und um in Vergessenheit geratene Klänge zurückzugewinnen.

In Bobenthal stand David Keller in der ersten Reihe derjenigen, die dieses Kleinod der Ubhaus-Orgel erkannten und der sich ihr verschrieben hat. Er fand in Domorganist Christoph Keggenhoff von Speyer einen wichtigen Mitstreiter für dieses Restaurierungsprojekt. Auch wir Orgelbauer gerieten in den Bann dieses Instruments und haben keine Mühe gescheut, sein ursprüngliches Erscheinungsbild wieder herzustellen.

Die Besonderheit dieser Orgel aus dem Jahr 1817 ist in ihrem Konzept zu finden,   das ganz der Aufgabe zur klanglichen Mitgestaltung einer feierlichen Messe gewidmet ist.
Dafür wird ein gesundes  Grundregister benötigt, das zusammen mit dem Principal und dem Octavbass den Gemeindegesang begleiten kann.      Für Sologesänge des Priesters oder Kantors während der Mess-Feier werden unterschiedliche Register benötigt, die mit stillerem Klang auch den Hintergrund von Gebeten unterlegen können.   Für diese Aufgaben bietet die Orgel mehrere Flöten- und Streicher-Stimmen.
Für den feierlichen Ein- und Auszug hält die Orgel zwei zusätzliche kräftige Register bereit, eine 4-fache Mixtur mit einem Terzchor im Manual und eine originale Trompete im Pedal, welche dem Klang Kraft und Fülle verleihen.

Herr Christoph Keggenhoff wird nachher mit 9 Partiten nach dem beliebten Choral „Was Gott tut das ist wohlgetan“ von Johann Pachelbel (1653 - 1706) die sehr differenzierten Klangfarben der 12 unterschiedlichen Orgelregister vorstellen.

Im August 2014 führte Herr Christoph Keggenhoff als Orgelsachverständiger der Diözese Speyer eine Bestandsaufnahme der  Ubhaus-Orgel durch, welche die Grundlage für die Wiederherstellung des Instruments darstellte. An der handwerklichen Ausführung dieses Orgelbaus durch Ubhaus wird deutlich, dass Ubhaus sich nicht in unwesentlichen Details verloren hat, dass er das Notwendige solid aber ohne Umwege und Pedanterie verwirklichte. Stellagen und Halterungen für die Orgelteile ganz einfach gezimmert, nimmt die Feinheit der Arbeit zu, je weiter sie sich dem Pfeifenwerk nähert.
Die Windladen, die Registermechanik, die Tastenmechanik  und das Pfeifenwerk wurden sorgfältig in der Werkstatt wiederhergestellt, wobei die originale Substanz von Ubhaus aufmerksam geschont wurde.
Es war eine sehr interessante Aufgabe für unsere Werkstatt, und wir hoffen und wünschen, dass die wiederbelebte Orgel die liturgische Feier festlich gestalten hilft, das Gebet hörbar bekräftigt und auch bei manchem Konzert Erbauung und Freude schenkt.




Johannes Rohlf


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