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Die Art und Weise, in welcher
Principalpfeifen in einen Orgelprospekt, in die Fassade einer Orgel integriert
werden, wird durch akustische und technische Belange bestimmt, die einerseits
strenge Vorgaben setzen, zum anderen auch gewisse Freiheiten zulassen.
So hat der Wohlklang einer Orgel entscheidend damit zu tun, dass bei der Pfeifenaufstellung akustische Belange berücksichtigt werden. Jede Pfeife entwickelt beim Erklingen ein intensives Schallfeld, das sich kugelförmig nach allen Richtungen ausbreitet, und dieses Schallfeld regt die Nachbarpfeife an. Lässt sie sich anregen, nützt sie der Ausbreitung des Klanges, lässt sie sich einer ungünstigen Eigenschwingung wegen nicht anregen, ist sie der Schallausbreitung hinderlich. Somit ist verständlich, dass die Ordnung der Prospektpfeifen ein Abbild der akustischen Seite einer Orgel ist. Sie macht ebenso die Wege
der Tastenmechanik sichtbar. Denn die Prospektpfeifen zeigen, wo etwa sich
die Pfeifenventile befinden. Pfeifenventil und Taste sollen mit möglichst
wenig Umlenkungen miteinander verbunden sein, denn eine verwinkelte Mechanik
kann nicht die Präzision einer einfachen Trakturführung erlangen.
Ein drittes Beispiel ist fast ebenso bedeutsam. Es Betrifft die Zuordnung des Pfeifenwerks zur Windversorgung. Im Idealfall wird das Pfeifenwerk von einer gemeinsamen „Lunge“ aus mit Wind versorgt. Ein möglichst gerader Windkanal führt von der Balganlage zum Zentrum der Orgel, zur Windlade. Von dieser Mitte aus wird das Pfeifenwerk links und recht mit Wind versorgt. Beim Orgelspiel wird nun in unterschiedlichem Rhythmus Wind in unterschiedlichen Mengen verbraucht. Dieser Rhythmus erzeugt im Windsystem Schwingungen, welche dort am stärksten wirksam werden, wo das Windsystem endet, nämlich, den Orgelprospekt betrachtend, links und rechts außen. Stehen dort kleine sensible Pfeifen eines Flötenregisters, können diese Schwingungen störend hörbar werden. Aus diesem Grund hat die Flankierung kleiner Prospektfelder vor allem akustischen Sinn, natürlich mit optischer Wirkung. Die Instrumentenbaugeschichte begann bei der Orgel mit einer chromatischen Anordnung der Pfeifen, wie wir sie von der Panflöte her kennen. Diese frühen Orgeln, heute wieder als Portativ oder Organetto gebaut, hatten oft nur eine Pfeifenreihe, ein Register und wurden fast nur einstimmig gespielt. Später wurde diese chromatische Reihe mit ihren Halbtonschritten geteilt, so dass die Pfeifen in Ganztönen nebeneinander standen, diatonisch. Das ist die Pfeifenaufstellung der gotischen Orgel. Als akustisch noch günstiger hat sich erwiesen, wenn Orgelpfeifen in Terzabständen nebeneinander stehen, also z.B. c - e - gis - c oder d - fis - b (ais) - d. (Stehen Pfeifen im Halbtonabstand nebeneinander, hört man deutlich, dass sie sich reiben und sich nicht mögen. Im Quint- oder Oktavabstand verstehen sie sich so gut, dass sie miteinander schwingen, auch wenn sie einzeln gespielt unterschiedliche Tonhöhe haben - sie verstehen sich zu gut und sind dadurch schwer stimmbar). Jede vierte Pfeife einer chromatischen Reihe, also immer drei Töne je Oktav werden zueinander geordnet. Vier mal drei Töne beinhalten alle 12 Töne einer Oktav, also entstehen durch eine „Terzaufstellung“ vier sehr ähnliche Reihen. Diese vier Pfeifengruppen kann man nun zwei und zwei zusammenfassen und je eine Hälfte so spiegeln, um 180° verdrehen, dass Pyramiden entstehen, welche nun fast eine Symmetrie erzwingen. Einige Pfeifen der großen Oktave werden zu drei Gruppen geordnet, welche die pyramidalen Felder voneinander trennen und flankieren. Diese Pfeifenaufstellung, welche sich auch an der Lutherkirchen-Orgel in Bayreuth wiederfindet, ist ein optimales Konzept, das seit dem 16. Jahrhundert bekannt ist und wegen der akustischen und technischen Vorteile zum „klassischen“ Orgelbild wurde. Johannes Rohlf
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