Themen in der Werkstatt ROHLF
Die Zachariaszunge in Eckenhaid
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Schriftfassung eines Referats anläßlich der GDO-Arbeitstagung
vom 4. bis 6. Mai 2001 in Bochum zum Thema „Orgelregister mit Durchschlagzungen“.
  • Einführung
Für einen Orgelneubau 1999 in der ev.-luth. Friedenskirche Eckenhaid bei Erlangen wurde von uns eine durchschlagende Zungenstimme gebaut, deren Zungen "gewendet" eingebaut wurden. Der Akustiker Ernst Zacharias aus Trossingen hat dieses Prinzip entwickelt und in dem Hohner-Blasinstrument namens Claviola eingesetzt. Hier wird die Zunge “verkehrt“ herum montiert, so daß sie vom Winddruck zunächst aus der Stimmplatte herausgedrückt wird. Ohne Schallbecher funktioniert eine Zunge auf diese Weise nicht, da der Wind ungehindert an der Zunge vorbeiströmen kann und diese infolgedessen nicht zurückschwingt. Die Zunge besitzt aber in der eigentlich verkehrten Blasrichtung eine optimale Dämpfung, wie es Herr Zacharias ausdrückt; mit anderen Worten: ein angekoppelter Resonanzkörper kann dieser Zunge seine Eigenfrequenz aufzwingen. Die reflektierte Stoßwelle des Schallbechers sorgt dann für die Rückstellkraft und versetzt die Zunge in Schwingung. Gleichzeitig bestimmt der Becher aber die Klangfarbe und unter bestimmten Vorraussetzungen auch die Frequenz des hörbaren Tones und ist dadurch genauso temperaturabhängig wie sonst nur Labialpfeifen. Auch der Winddruck und damit die Lautstärke kann bei diesem System, wie bei den durchschlagenden Zungen üblich, dynamisch verändert werden, ohne daß die Stimmung leidet.
  • Technische Details
Der ganze Pfeifenkörper besteht aus Holz und ist vergleichbar mit einer Labialpfeife mit Windführung im Vorschlag. Der Becher ist etwas länger als , also ähnlich einer Gedacktpfeife. Der Wind wird durch Pfeifenfuß, Kern und Vorschlag zur Zunge geleitet ( siehe Seitenschnitt ). Der Vorschlag ist mit einer Bohrung versehen, die durch eine Ledermembrane verschlossen ist. Die Membrane sorgt für den nötigen Freiraum der Zunge beim Einschwingvorgang. Die Stimmplatten mit den Zungen aus Messing stammen von Fa. Hohner in Trossingen. Sie sind nach Vorgabe durch Herrn Zacharias auf etwa 1/10 der klingenden Becherlänge aufgeschraubt. Der Winddruck in Eckenhaid kann über einen Fußtritt im Bereich von ca. 30 bis 80 mmWs dynamisch verändert werden.
Ein wesentlicher Punkt ist die Stimmbarkeit am Becher. Hierzu muß die Zunge selbst etwas tiefer klingen als der aufgesetzte Becher. Sind die beiden Frequenzen zu weit auseinander, dominiert die Zunge und der Becher dient nur noch als Klangverstärker. Wählt man andersherum bei der Zunge annähernd die Frequenz des Bechers, bleibt kein Spielraum mehr für die Feinstimmung. Beim Tieferstimmen ist maximal nur die Frequenz der Zunge zu erreichen; schließt man den Becher noch weiter, nimmt lediglich die Lautstärke ab, während die Frequenz stabil bleibt. 
In der tiefen Oktave klingt die Zunge 1 GT, ab c° 1 HT tiefer als die Becherfrequenz. Dieser Abstand von Zungenfrequenz zu Becherfrequenz ist also der mögliche Stimmbereich, d.h., der Ton ist am lautesten bei Übereinstimmung der Frequenzen; dann ist aber keine Stimmung am Becher mehr möglich.
  • Intonation
Im Wesentlichen geht es darum, Lautstärken auszugleichen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Größe der Membranen. Beim großen C mußte sie recht lang sein ( 17 cm ), um die Tonentstehung nicht zu behindern, bei den kleinsten Pfeifen hat sie nur 1 cm Durchmesser. Ohne Membran entsteht teilweise gar kein Ton, zumindest aber die Lautstärke nimmt stark ab.
Eine weitere Möglichkeit, den Ton zu verstärken, ist, die Zunge höher zu stimmen. Bei den kleinsten Pfeifen reichte auch ein 4tel Ton Abstand noch aus, um am Becher stimmen zu können.
Die Ansprache ist sehr weich und etwas zögerlich, weil die erste Stoßwelle erst einmal den Becher durchlaufen muß, bevor die Zunge zu schwingen beginnt. Um die Ansprache nicht zu verzögern, sollte die Zunge keinen Aufwurf ( Lösabstand ) haben, also den Zungenschlitz ganz abdecken.
  • Klangbeispiele auf CD
Die CD " Friedensspiel " ( Ambiente 1999 / ACD 9925 ) der Eckenhaider Orgel mit Organist Reinhold Morath bringt vielfältige Registrierungen zu Gehör.
Weitere Artikel zu diesem Zungenregister finden sich auch in ISO-Journal 5/1999 , Der Zungengenerator (Anja Rohlf), und in ISO-Journal 6/1999 , Die Zachariaszunge (Johannes Rohlf).
Mathias Jung
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